Murcia, das Gourmet-Herz Spaniens

Reisfelder, Mandelbäume so weit das Auge reicht, Weinberge... Im Südwesten des Landes, zwischen Meer und Bergen, liegt diese noch wenig bekannte Region Spaniens. In kleinen Städten mit einem reichen historischen Erbe bieten Restaurants und Bars eine Vielfalt  schmackhafter und Gourmet-Spezialitäten.

Neueste Ausgabe : 31 Dezember 2022

Abseits der üblichen Touristenrouten, braucht man für die Provinz Murcia einen Mietwagen. Nicht weit vom Flughafen Alicante an der Costa Calida, liegt Murcia, die Hauptstadt der gleichnamigen Region. Einen Vorgeschmack unserer Gourmetreise genießen wir im Restaurant Polea. Alberto Pardo und seine Lebensgefährtin Pepa Villa  zelebrieren gute Küche nach dem Motto „Eat local, think global“. Hier gibt es keine der teils fragwürdigen Bio-Produkte, die in manchen Supermärkten in Deutschland angeboten werden. Um seine schmackhaften Gerichte zuzubereiten, bezieht Alberto seine Zutaten direkt von kleinen lokalen und regionalen Produzenten, die mit Respekt für die Natur arbeiten.

 

Die Stadt Murcia, die auf eine lange Gemüseanbautradition zurückblickt, trägt den Beinamen „Obstgarten Europas“. Ein von den Muslimen errichtetes hydraulisches Netzwerk ermöglichte es der Stadt und der gesamten Region, das Wasser des Segura-Flusses für die Landwirtschaft zu nutzen. Ein Fluss, der allerdings nicht nur Vorteile gebracht hat: 1651 forderte eine tödliche Flut tausend Opfer. Eine kleine Anspielung auf dieses Drama: Marcel Proust zitiert dieses Ereignis in seinem Roman "Un amour de Swann"...

Um das reiche architektonische und historische Erbe der Stadt zu erforschen, sollte man sich ein paar Tage Zeit nehmen. Vor allem im Frühling während der großen Volksfeste wie dem Bando de la Huerta, der Beerdigung der Sardine und anderen Festen rund um die Wallfahrt zu Ehren der Jungfrau von Fuensanta, der Schutzpatronin der Stadt.

 

Das Herz von Murcia schlägt in der Altstadt, Restaurants und Bars beleben die von Palästen, Kirchen und Museen umgebenen Plätze.

 

Im Café Lab sollte man unbedingt den Asiatico probieren, zubereitet aus Kaffee, Kondensmilch, Likör 43, Brandy, Zitronenschale und etwas Zimt. Dieses typische Getränk aus Cartagena, das den Bauern, Fischern und Seefahrern Stärke für die Arbeit gab, stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert., als Seefahrer aus Asien Kaffee mit Brandy und Kondensmilch bestellten. auch uns Touristen hat der Asiatico neue Energie verliehen!

 

Der perfekte Ort um die Weine der Region zu probieren, ist La Diligente, Tienda de Vinos. Andrés und Irene bieten dort Wein- und Käseverkostungen an.

Für qualitative und authentische Souvenirs lohnt sich ein Besuch des Centra de Artesania, dem Kunsthandwerkszentrum, wo die Werke lokaler Handwerker und Künstler angeboten werden: Dekoration, Keramik, Kleidung, Schmuck, Lebensmittel ….

 

Am Rande der Stadt besuchen wir einen der Gärten von El Huerticano, einer Gruppe von Gärtnern und Bauern, die zum traditionellen Gemüsdeanbau der Region zurückgekehrt sind. 
Pacco Orenes ist ein leidenschaftlicher Verteidiger dieses biollogischen Anbaus von  regionalen und saisonalen Gemüse- und Obstsorten.. Der Professor für Agrarökologie und guter Koch bewirtschaftet mit Leidenschaft das Land der Familie, das er wie zu Zeiten der Muslime dank einem Kanalsystem bewässert. Neben dem Anbau von hochwertigen Obst, Gemüse und Kräutern für Köche und Privatpersonen, liegt ihm die Ausbildung von Landwirten in traditionellen Techniken am Herzen. Bei Führungen mit Liliane bietet er gerne Kostproben seiner Produkte an.
Die Köche der Gourmetrestaurants, die sich für eine locavore Küche einsetzen, versorgen sich gerne bei diesen Landwirten, die im Respekt und in Einheit mit der Natur arbeiten. 

 

In der Region Murcia sind sie immer zahlreicher. Soe zum Beispiel in La Junquera, wo junge Menschen regenerative Landwirtschaft betreiben, um die durch jahrelange intensive Ausbeutung unfruchtbaren Böden zu neuem Leben zu erwecken. Alfonso Chico de Guzman, unterstützt von vielen Menschen, die zum Lernen und zu Forschungszwecken kommen, belebt so fast 1000 Hektar trockenes Land. https://www.lajunquera.com/

 

Aber es ist Zeit, unsere Reise fortzusetzen, um die Sierra Espuna zu erreichen (https://www.spain . info/de/natur/parc-regional-sierra-espuna/). Die Fahrt führt durch die fruchtbare Ebene des Segura-Flusses mit Obstplantagen, so weit das Auge reicht: Pfirsichbäume, Zitronenbäume, Orangenbäume.

Unser Ziel ist die Hospederia Bajo El Cejo, ein gemütliches Gasthaus, das von Andres geführt wird. Er bewirtschaftet einen kleinen Weinberg, Olivenbäume und baut Gemüse an .https://bajoelcejo.com/
Das kleine charmante Hotel in einem Bergdorf ist umgeben von Feldern: Olivenbäumen, Gemüsegärten und einem kleinen Weinberg, der eingezäunt werden musste, um die Weintrauben vor dem unersättlichen Appetit der Wildschweine zu schützen! Auch diesen seltenen Wein haben wir bei Alberto verkostet: lo que dejo el jabali – was das Wildschwein hinterlassen hat.

 

Der Ort lädt zu ruhiger Entspannung ein. Die Küche ist schmackhaft, zubereitet von Francesca, einer jungen Köchin, die es aus Liebe in diese kleine Oase der Ruhe gezogen hat

Nicht weit davon, im Herzen der Berge mit vielen Mountainbike-Strecken, sind die Celtiberico Ziegen zuhause deren Milch sich hervorragend für die Käseherstellung eignet. Miguel Angel Canovas, Hirte und Käser, erklärt, wie er hergestellt wird.

 

In diesen Höhenlagen wird das Land trockener. Mandelbäume prägen das Landschaftsbild ebenso wie die Weinreben. Mitte September hatten wird die Gelegenheit, der Mandelernte beizuwohnen. Zum besseren Verständnis hier ein kurzes Video

Der Traktor umschliesst den stamme mit einer Art umgedrehten Regenschirm, die Bäume werden geschüttelt, die Mandeln werden in diesem „Regenschirm“ gesammelt, bevor sie auf einen Anhänger geladen werden.

 

Auf der Weinstraße von Bullas im Aceniche-Tal treffen wir Pepa in der Bodega Balcona, einem Weinberg, der von sanften Hügeln umgeben ist. Ihre Familie verwandelte das von ihrer Großmutter gekaufte Land. „Wir haben damals Viehwirtschaft betrieben und Getreide angebaut. Es gab nur einen kleinen Weinberg für den Familienverbrauch“, erzählt Pepa. Seither bewirtschaftet die Familie 40 ha Bio-Reben. Die im trockenen Tal wachsenden Syrah- und Sempernillo-Reben müssen künstlich bewässert werden, nicht aber der Merlot, der in 900 m Höhe wächst: Hier gibt es unterirdisches Wasser für die Wurzeln.

 

36 ha werden für den Genossenschaftskeller oder andere Bodegas bewirtschaftet. „Wir können nur 4 ha vinifizieren“, erklärt Pepa. Für mehr ist unsere Bodega ist zu klein, und da wir uns in einem geschützten Bereich befinden, dürfen wir die Gebäude nicht vergrößern. »

 

In Bullas, einem charmanten Winzerstädtchen, gibt das kleine Weinmuseum einen Einblick in die alten Methoden der Weinbereitung.

 

Einige Kilometer weiter bietet sich uns ein erstaunliches Landschaftsbild mit den Reisfeldern von Calasparra: Vier Flüsse und zwei Staudämme ermöglichen die Bewässerung für den Anbau von Calasparro-Reis mit gU, einem authentischen Bio-Reis, der ohne jegliche Pflanzenschutzmittel angebaut wird. Aber es ist eine kleine Produktion, zwischen 2500 und 3500 Tonnen pro Jahr.

 

In der Genossenschaft Campo Virgen de la Esperanza wird uns die Verarbeitung der Reiskörner erklärt. Die Abfüllung in Leinensäckchen erfolgt von Hand. Natürlich nutzen wird die Gelegenheit, diesen ganz besonderen Reis zu kaufen. Bompa IGP Calasparra-Reis, einer der besten in Spanien, ist perfekt für die Zubereitung von Paella.

 

Nach einer kurzen Raftingfahrt auf dem Fluss Segura,

fahren wir weiter zum Heiligtum der Virgen de la Esperanza, der Jungfrau der Hoffnung, der Schutzpatronin von Calasparra. Dieses Kloster aus dem 17. Jahrhundert ist ziemlich bemerkenswert, da es direkt in den Fels eines Berges am Ufer des Flusses Segura gehauen ist. Ursprünglich war es eine einfache Höhle. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Bauten erweitert. Bei großen Renovierungsarbeiten von 1948 bis 1968 wurden lokale Steine ​​für den Bau der Fassaden im neugotischen Stil. ein Ort der Ruhe und Besinnlichkeit.

In Caravaca de la Cruz ist es keine wunderwirkende Jungfrau, die die Pilger anzieht, sondern ein wundersames Kreuz, das dem orthodoxen Kreuz ähnelt. In Caravaca de la Cruz, der fünften heiligen Stadt der Welt (nach Jerusalem, Rom, Santo Toribio und Santiago de Compostela), wird eine Reliquie des Heiligen Kreuzes verehrt. Ein Splitter, der in einem kreuzförmigen Reliquienschrein mit Doppelarm aufbewahrt wird. Die Basilika von Vera Cruz befindet sich innerhalb der Mauern der Burg von Caravac.

 

Vom Hügel, auf dem sich die Basilika befindet, hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt.

 

Ein Spaziergang durch die Straßen, führt vorbei an Kirchen, Klöstern, Palästen.. Die Fassaden erzählen Seiten ihrer reichen Geschichte, die von der Anwesenheit von Iberern, Römern und Muslimen durchdrungen ist. Sehenswert ist auch die maurische Apotheke.

 

Das ganze Jahr über beleben viele religiöse oder weltliche Feste die Stadt. Zu den spektakulärsten gehört das Fest der Weinpferde, die Caballos del Vino, das 2020 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Das Fest findet jedes Jahr vom 1. bis 3. Mai während der Feierlichkeiten zu Ehren des Heiligen Kreuzes statt. Nach Paraden reich geschmückter Pferde führt sie ein Rennen hinauf zum Schloss.

 

Liegt es daran, dass die Region Murcia keinen Massentourismus kennt oder ganz einfach daran, dass ihre Bewohner Feinschmecker sind? Egal, ob in einem einfachen Gasthaus, einer Tapas-Bar oder einem gastronomischen Restaurant, der Gourmet-Reisende findet hier überall sein Glück. Oliven, Mandeln, geräucherter Thunfisch, gegrillter Oktopus, Reis mit Fischfond, Schweinebackenkroketten, marinierte Sardellen, Schweinepflaume, Bohnen mit Chorizo ​​und Speck, iberischer Schinken,  gebratene Artischocken, Paella usw., da ist für jeden etwas dabei.
Nur manchmal ist es besser, nicht wirklich zu wissen was auf den Teller kommt, wie Corteza, gebratene Schweineschwarte oder Ochsenschwanzkroketten ...

 Buen provecho !

 

 

DIE INFO

https://www.murciaturistica.es/fr

www.spain.info

 

Gute Adressen:

ESSEN:
Restaurant Polea, Almohajar número 2 bajo 30002 Murcie, EspagneMurcie, tél. 868 966 988

La Diligente , Wein- und Käseverkostung,– C. Plano de San Francisco, 10, – Murcia

Porton de la Compania, Caelle Mayor, 38 – 30400 Caravaca de la Cruz, Murcia
Traditionelle Küche, neu interpretiert in einer überraschenden Umgebung: ein ehemaliges Jesuitenkolleg mit modernem Dekor.

Bar Cantero, Av del Primero de Mayo, 23, 30420 Calasparra, Murcia
Tolle Tapasbar.

ÜBERNACHTEN:

Bajo el Cejo, el Paso, 30848 el Berro https://bajoelcejo.com/

Hotel Murcia Rincon de Pepe 4*, Apostoles, 34, Murcia ; tél. +34 968 21 22 39
Ideal gelegen im Herzen der Stadt.

https://www.melia.com/en/hotels/spain/murcia/hotel-murcia-rincon-de-pepe-by-melia

 

KOCHEN :

REZEPTBUCH
ESPAGNE

Wo immer man sich in Murcia an eine Theke oder einen Restaurantstisch setzt, wird einem sofort ein Teller mit hervorragenden gebrannten Mandeln (Sorte Marcona) vorgestzt. Dies ist nur eine kleine Vorspeise für eine ganze Reihe von Tapas zum Knabbern vor dem eigentlichen Essen. Je nach Menge, genügen sie aber auch für eine üppige Maglzeit. Das Teilen von Tapas gehört in Spanien zur Kultur und Lebenskunst.

Marcos Sanchez, Sohn von Einwanderern aus der Region Murcia, hat 80 Rezepte zusammengestellt, die an alle Aromen und Düfte seiner Kindheit erinnern. Angereichert mit Erinnerungen und Anekdoten ezählt das Buch von seinen Eltern, ihre Herkunftsregion und würdigt insbesondere seine Mutter Asuncion. Marcos berichtet vom Obst und Gemüse der Gärtner von Herta muricana, dem Reis von Galasparros. Erinnerungen und ein paar Anekdoten prägen diese kulinarische Geschichte zwischen Land und Meer. 80 Rezepte geben einen Vorgeschmack auf Reisen oder wecken köstliche Erinnerungen.

Spanien, Aromen und Düfte der Kindheit in 80 intimen und Gourmet-Rezepten; Marco Sanchez, fotografiert Caroline Faccioli;
256 Seiten, 29,90 €, Hrsg. von La Martinière

(Das Rezeptbuch gibt es leider nur in französisch)