Nordindien - Der Goldene Tempel in Amritsar im Bundesstaat Punjab in Indien

Indien sieht aus wie ein riesiges Kaleidoskop, bunt und würzig. Helle Farben, die Armut mildern, Gewürze, die das Leben in angenehme Düfte hüllen, aber manchmal auch sehr scharf sein können für die Seele der Reiseden..

Neueste Ausgabe : 27 Januar 2020

In den entlegensten Bundesstaaten Indiens überrascht ein reiches kulturelles und architektonisches Erbe den Reisenden, der sich nicht mit den traditionellen Rundfahrten der Reiseveranstalter begnügt. Natürlich muss man weite Strecken mit dem Zug oder Flugzeug zurücklegen, um diese Wunder betrachten zu können, aber es lohnt sich.

Einer der schönsten Tempel befindet sich im Bundesstaat Punjab im Nordwesten Indiens. Um dorthin zu gelangen, nahmen wir einen Inlandsflug von Delhi.

Amritsar, im Schrein im goldenen Tempels wird das Heilige Buch der Sikhs, "Guru Granth Sahib", aufbewahrt.

Die Schönheit dieses Tempels ist nicht nur auf seine Architektur zurückzuführen, sondern auch auf die Atmosphäre, die an diesem Ort herrscht, dem heiligsten Ort des Sikhismus, einer Religion, die hauptsächlich in dieser Region präsent ist und rassische und soziale Ungleichheiten bekämpft. Trotz einer Militäroperation im Jahr 1984 herrscht dort Gelassenheit und stille Freude. Das Massaker führte später zur Ermordung von Indira Gandhi.

Jeder ist hier willkommen, ohne Unterschied. Im Gegensatz zu vielen anderen Stätten, ist der Zugang zum Goldenen Tempel kostenlos. Aus Respekt für die Sikhs, die ihr Haar mit einem Turban (für Männer) oder einem Schleier bedecken, bindet sich jeder Besucher einen orangefarbenen Schal über den Kopf. Wir auch.

Unser Guide Danveer Singh Baydi (Dadou) rüstet uns für unseren Besuch aus.
Vor dem goldenen Tempel in Amritsar, Treffen mit einem Sikh-Würdenträger.

Nichts hindert uns nun daran, uns der Menge anzuschließen, die um das Becken mit dem "Nektar" Amrit Sarovar wandert, der der Stadt ihren Namen gab.

Amritsar, der goldene Tempel

Amritsar, ein Pilger reinigt sich im heiligen Becken.

Das Becken ist über vier Eingänge zugänglich und steht somit symbolisch allen Völkern und Glaubensrichtungen offen. Dies ist eines der Markenzeichen der Sikh-Religion, Toleranz und Offenheit gegenüber anderen. Der Schrein spiegelt sich im heiligen Becken.

Wohin das Auge blickt, überall weißer Marmor, mit Perlmutt eingelegte Fassaden, Halbedelsteine, mit Gold überzogene Kuppeln.
Da die Pilger in einer langen Warteschlange standen, um das Heiligtum zu betreten, in dem das heilige Buch verehrt wird, zogen wir es vor, die anderen Gebäude zu erkunden wie zum Beispiel die Grossküchen.

Amritsar, Sikhs strömen herbei, um das heilige Buch zu sehen.

Jeden Tag geschieht dort ein wahres Wunder: die Zubereitung von mindestens 25.000 Mahlzeiten (manchmal sogar 100.000!), die kostenlos an alle Besucher verteilt werden. Die Leute kommen freiwillig, um einen Teil ihrer Zeit zu widmen: das Geschirr verteilen, das Geschirr spülen, putzen...

 

Gruppen hacken Knoblauch, Zwiebeln in industriellen Mengen.

 

Andere machen Knödel.

 

In riesigen Kesseln köcheln Gemüse, Suppe und Reis.

Astronomische Mengen von Naans, indisches Brot, werden zubereitet. Jeder ist eingeladen mitzumachen, und ich habe Unmengen von diesen flachen Broten mit Butterschmalz bestrichen. Eine großartige Möglichkeit Gefühle zu teilen, ohne viele Worte!

 

Die Verteilung der Mahlzeiten ist bestens organisiert und diszipliniert. Die Leute kommen in einer Reihe herein, setzen sich auf Matten. Freiwillige verteilen das Essen. Die Teller werden geleert, und die Pilger gehen ebenso diszipliniert, einer nach dem anderen, hinaus. Und schon sind andere helfer am Wekr um den Boden zu fegen bevor die nächsten Pil ger reihenweise kommen.

 

Es ist ein überwältigendes und extrem gut eingeübtes Schauspiel an dem auch wir teilhaben dürfen!
Die Sikh-Pilger kommen natürlich zu Tausenden,  aber auch viele Hindus und Muslime.

Europäische Touristen sind noch selten. Es ist ein zeitloser Ort, durchdrungen von froher Spiritualität und man könnte den ganzen Tag hier verweilen ...

Es ist schwer, diesen farbenprächtigen und friedlichen Ort zu verlassen, an dem das Wohlwollen zu herrschen scheint.

 

Bevor wir zu unserem Minibus zurückkehren, machen wir noch eine kurze Tour durch die Stadt Amritsar. Die Straßen, die zum Goldenen Tempel führen, wurden renoviert, Denkmäler restauriert, in den Geschäften werden Souvenirs und schimmernde Stoffe angeboten.

In den Gassen pulsiert das „gewöhnliche“ Leben.

Amritsar, Mülltrennung. Die Dame wird nach dem Gewicht des sortierten Plastiks bezahlt.
Amritsar, selektive Papiersortierung.

Es gibt noch viel zu tun

Wir folgen unserem Guide zum Jalianwalla Bagh Garden: Hier hat ein weiteres schreckliches Massaker stattgefunden.

Am 13. April 1919, nach mehreren Tagen tödlicher Gewalt gegen europäische Zivilisten, ordnete der britische Gouverneur in diesem Garten während einer Kundgebung eine Militärintervention an. Hunderte Tote, mehr als tausend Verletzte ... Da der Garten im Bau ist, verweilen wir nicht lange an diesem von Terror gezeichneten Ort.

Denkmal für die Märtyrer außerhalb des Parks.

Schweren Herzens machten wir uns auf den Weg, um ein weiteres Spektakel mitzuerleben, die Wachablösung von Wagah, dem einzigen Landgrenzübergang zwischen Indien und Pakistan.

Jeden Abend findet hier ein ziemlich eigenartiges Spektakel statt, bevor die Grenze für die Nacht schließt. Auf beiden Seiten der Grenze kommt man sich vor wie in einem Fußballstadion mit einem völlig überdrehten Publikum.

 

Animateure heizen die Stimmung auf, schüren bei den Zuschauer ein patriotisches Feuer. Auf welcher Seite der Grenze ist die Lautstärke am höchsten...

 

Dann nehmen Grenzwächter auf beiden Seiten eine kriegerische und drohende Haltung ein, bevor sie Hände schütteln, die Flaggen senken und die Grenze für die Nacht schließen. Dabei werden die Flaggen sorgsam überwacht: die Landesflaggen müssen immer auf gleicher Höhe sein.

 

Eine Show, die bei uns gemischte Gefühle auslöst, vor allem wenn man daran denkt, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sehr angespannt sein können. Aber da wir schon einmal hier waren, wollte ich dieses eigentartige Spektakel miterleben...

Nachdem friedlichen Ambiente des Goldenen Tempels, gehörte dieses Erlebnis an der Grenze zu den "scharfen Gewürzen" ...
Für den Rest unserer Reise nahmen wir den Flieger zurück nach Delhi.